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Kindergenüsse in Düsseldorf

Aus Jan Wellem Nr.8/Dezember 1957

Aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg
Wie sich die Spiele der Kinder im Laufe der Zeit geändert haben, so finden auch die von den Kindern vor dem ersten Weltkrieg so sehr geschätzten Leckereien entweder gar keinen oder nur noch sehr geringen Anklang bei unserer heutigen Jugend, die sich dem gehobenen Lebensstandard angepasst hat. Ob sie zufriedener und glücklicher dabei ist als wir es mit unseren bescheidenen Genüssen waren?

Wenn früher die Kinder mit ihren Eltern den Sonntagsspaziergang unternahmen und in irgend einem Gartenlokal einkehrten, so freute sich die Jugend schon lange im voraus auf das Glas Himbeer- oder Zitronenwasser, das ihnen dort kredenzt, werden würde In ein Glas wurde, ein Schuss Himbeerwasser eingegossen und hierauf Leitungswasser nachgefüllt. Dasselbe Verfahren wurde bei dem Zitronenwasser angewendet. Dieses Zitronenwasser war ein bräunlicher, stark gesüßter Fruchtsaft. Die Flaschen, in denen er aufbewahrt wurde, trugen die englische Aufschrift „Lemon Squash". Da dieses englische Wort jedoch im scharfen Kontrast zu den Wohlklängen der Düsseldorfer Heimatsprache stand, pflegten die Väter, falls sie Lemon Squash für ihre Kinder wünschten, sich im allgemeinen immer mit folgenden Worten an den Wirt zu wenden: „Baas dot dann och noch e paar Jläskes Quatsch för die Kenger dobei." Ganz vorsichtige Eltern, die ängstlich waren, dass sich ihre Kinder die Mägen erkälten konnten, lehnten indessen des öfteren die Limonade ab und bestellten sehr zum Missvergnügen ihrer Sprösslinge ein Glas warme Milch, die dann in einem weißen, dickwandigen Porzellanbecher gereicht wurde.

In den in Düsseldorf noch häufiger als heute vorhandenen Trinkhallen, die man früher als „Seltersbüdchen“ bezeichnete, gab es zahlreiche mit weißem, gelbem, rotem oder giftgrünem Inhalt gefüllte Flaschen, die mit einer Glaskugel verschlossen waren und infolge dessen im Volksmunde „Dotzwasser" oder „Dotzsekt“ genannt wurden. In den weißen Flaschen befand sich lediglich klarer Sprudel, also Selterswasser, wie man zu sagen pflegte, Demzufolge waren sie auch billiger als die übrigen Flaschen, die mit Limonade und zwar mit Zitronen-, Himbeer- und Waldmeisterlimonade (wobei die letztere im Wohlgeschmack bei weitem den Vogel abschoss) gefüllt waren.

Salmiakpastillen waren stets ein sehr begehrter Artikel; konnte man sich doch mit ihnen wunderschöne Sterne auf den Handrücken kleben und dann die Pastillen ganz langsam und voller Wohlbehagen ablecken, bis dass zum Schluss Handrücken und Gesicht des Ableckenden negerähnliche Farbtöne angenommen hatte.

Die Stelle des heutigen Kaugummis vertraten Süßholz und Negergeld, das aus Lakritzabfällen hergestellt wurde. Beide Leckerelen ermöglichten es, sich ihrem Genuss für eine längere Zeitspanne hinzugeben und was das Wichtigste war, einen bräunlichen Saft mehrere Meter weit zu spucken.

Dropwasser dagegen wurde aus echtem, bitteren Lakritz hergestellt, der zerkleinert und in leere Medizinflaschen hineingestoßen wurde. Hierauf wurde die Flasche fast bis zum Hals mit Leitungswasser gefüllt und mit einem Korken verschlossen. Dann schüttelte man die Flasche in der Hand hin und her, wobei der Daumen immer fest auf dem Stopfen lag, um ein Hinausfliegen desselben zu verhindern. Durch das Schütteln der Flasche bildete sich Schaum, der begierig aufgesogen wurde. Je geringer die in der Flasche vorhandene Flüssigkeit wurde, desto höher stieg der Schaum, der langsam eine immer braunere Färbung annahm und stets wohlschmeckender wurde. Jungen und Mädchen, denn auch das weibliche Geschlecht huldigte dem Brauch des Dropwassertrinkens, bedauerten jedes Mal, wenn die Flasche endgültig geleert und ihr trotz größter Bemühungen kein Tröpflein mehr zu entlocken war.

Im Sommer war Brausepulver immer hochwillkommen, um den quälenden Durst zu löschen. Dieses Brausepulver, bei dem es ebenfalls die verschiedenartigsten Geschmacksarten gab, befand sich in verschlossenen Tüten. Das obere Ende der Tüte wurde abgerissen und die Tüte mit Wasser gefüllt. Die darauf entstehende, schäumende Flüssigkeit von undefinierbarer Farbe wurde voller Wonne getrunken, denn erstens schmeckte sie himmlisch und zweitens konnte man nach ihrem Genuss immer so schön aufstoßen.

Alle Kinder hatten den sehnlichen Wunsch, später einmal Studenten zu werden, denn dann würden sie ihrer Meinung nach täglich und zu jeder Mahlzeit Studentenfutter essen können. Auch das Studentenfutter war in Tüten verpackt und bestand aus einer Mischung von Rosinen, Mandeln und manchmal auch schon etwas tranig schmeckenden Walnüssen, was dem Genuss jedoch keinen Abbruch tat.

In einem Haustor der Flingerstrasse stand in jedem Jahr, wenn der Herbst kam, ein Italiener, der auf seinem Öfchen Kastanien schmorte, die wunderbar mundeten. Nur musste man sie dauernd hin und her drehen, da die Hitze unter der eingekerbten Schale, in die das flüssige Fett eingezogen war, lange festsaß und man sich sonst die Finger verbrannt hätte.

Den Höhepunkt aller irdischen Genüsse bildete jedoch der sehr seltene Augenblick, in dem man einmal Gelegenheit fand, Speiseeis zu essen, denn damals war es noch nicht so, dass an jeder Ecke ein Café oder eine Eisdiele stand. Vor allem galt in den vom eigentlichen Stadtzentrum abgelegenen Gebieten Speiseeis als eine gar seltene Leckerei. Höchstens zwei bis drei Mal im Jahre verirrte sich an heißen Sommertagen ein ambulanter Speiseeisverkäufer, der sein Wägelchen bedächtig vor sich hinschob, in diese Bezirke. Ließ er sich dann in einem solchen Stadtteil einmal sehen, dann schallte gellend der Kriegsruf: „lsmännche" von Haus zu Haus und sein Wägelchen war im Nu von Kindern, die für fünf Penning Ishörnche oder für ne Jrosche e Isbotteram erstehen wollten, belagert. Den Gipfelpunkt aller Vornehmheit in der Gilde der Eismänner erreichte ein Eisverkäufer, der sein Wägelchen nicht selbst schob, sondern ein schellenklingelndes Zwergponny davor gespannt hatte. Das Ponnygefährt übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Jugend aus, und dementsprechend war auch der Umsatz dieses Eishändlers besonders groß.

Heinz Hans

Kühles

In Ihren Aufzeichnungen Kindergenüsse in Düsseldorf vermisse ich den von uns begehrten Kühles.
Kühles sind Roggenmürbchen mit Korinthen, die Eins neben das Andere, dicht aneinander auf ein Backblech gelegt, gebacken wurden und auseinander gebrochen werden mussten. Den gab es für mich und meine Geschwister, wenn wir von Flingern über die Erkrather Straße, Mettmanner Straße, Gerresheimer Straße, zum Einkauf in die "Stadt" gingen. Am Ende der Gerresheimer Straße war die Kühles-Bäckerei.
Eine solche Einkaufssituation kam nicht sehr häufig vor, denn das Geld war knapp und für uns eine Besonderheit.
Diese Erinnerung wurde uns von Trude Bonsmann aus Langenfeld geschildert


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