Stadtführungen::Stadtrundgänge::Aktionen in DüsseldorfHistorischesKinderKennt jemand "Dötzen"?

Alte Kinderspiele in Düsseldorf

aus Erzählungen, selbst erlebt oder in Heimatzeitschriften gefunden.

Immer wenn es Kinder nach draußen zum Spielen zog, dann reichten schon ein paar wenige Utensilien, die die Natur so anbot, ein paar Handgriffe oder Buddeleien mit Händen und Füßen. Leere Grundstücke, manche Straßen und leere Plätze waren oft stundenlang unbeobachtete Spiel- und Abenteuerplätze. Es gab spannende Momente, kreative Ideen mit herumliegenden Ziegelsteinen, die zum Malen dienten und schöne rote Spuren hinterliessen; mit anderen Steinen kratzte man weiße Muster auf Asphaltflächen oder Bürgersteige. Fantasievolle Spielvarianten gehörten ebenso zu ungeschriebenen Spielregeln wie auch die mündlich übermittelten Informationen von Eltern oder Großeltern. Und „Bewegung“ war irgendwie einfach alles!!! Die materiellen Ansprüche, um gemeinsam zu Spielen, waren noch nicht so groß! So auch beim „Dötzen“.
Ungepflasterte Gehwege, Plätze in Parks oder sonst welches Freigelände, wo man in die Erde eine kleine Kuhle mit der Schuhhacke machen konnte, diente Jungen und Mädchen zugleich Gelegenheit mit bunten Glas- oder Mehlkugeln zu spielen. Mehl-Dötze waren geringwertig, einfache Glaskugeln waren etwas mehr wert, aber Glaskugeln, die innen farbige Streifen hatten, waren noch mehr wert. Dann gab es Eisenkugeln, die spektralfarbig waren, das waren die edelsten Murmeln. Und je nach Auslegung wurden entsprechend die Wertigkeiten der Kugeln unter den Kindern festgelegt.
Jeder warf seine kleinen Kugeln in Richtung des Loches und wer alle ins Loch traf konnte den „Pott“ behalten oder wer am nächsten zum Loch seine Kugeln geworfen hatte, war an der Reihe mit dem Daumen die Kugeln, weg vom Zeigefinger, zu schnippen und ins Loch zu befördern. Wer geschickt genug war, konnte dann den Kugelschatz im Loch für sich gewinnen. Eine andere Variante war das „Stucken“, das auch in dem Heimatmagazin „Jan Wellem“ 1956 stand: „Das Dötzen war früher mehr ein Sport der Jungens, die hierzu die verschiedenartigsten Spielregeln erfanden. Am beliebtesten war das „Stucken", bei dem man je nach Wunsch zwei, vier, sechs, acht und noch mehr Murmeln mit der nach unten ausgestreckten Hand in ein Loch werfen musste, das vorher mit dem Schuhabsatz kunstgerecht gedreht worden war. Ein Teil der Dötze fiel nun in das Loch, der andere daneben. Je nachdem, ob eine gerade oder ungerade Zahl dabei herauskam, hatte der Spieler' gewonnen und durfte den Einsatz des Gegenspielers als sein Eigentum betrachten. Die Vorverhandlungen zum Stucken gingen in der Form vor sich, dass einer der Jungen den anderen im klassischen Düsseldorfer Jargon mit den Worten „Setz mich mal die zwei oder die drei usw." zu den zwei oder drei Dötzen, die sich in seiner Hand befanden, die gleiche Anzahl der Murmeln seines Mitspielers nahm, worauf das Spiel begann.“ Eine Variante, die besonders bei Mädchen beliebt war, stand auch im „Jan Wellem“: „Die Mädchen hielten es mehr mit den „Knippsteinen“. Da gab es die wunderbarsten Glassteinchen in den verschiedensten Farben und Größen, so dass sogar die Jungens oft in Versuch gerieten, ihren männlichen Stolz zu vergessen und mitzumachen. Die Glasstückchen mussten mit dem Daumen und Mittelfinger in ein vorgezeichnetes Feld oder System von Kästchen geknipst werden. Auch hierbei gab es alle Abwandlungen von Spielregeln.“

Wandballspiel, ein Vorläufer des heute noch in den Schulen eifrig gespielten Schlagballs. Manche kennen das Spiel auch noch als Namensball. An einer Wand oder wenn sich die Spieler im Kreis aufstellten, wurde ein Ball in die Höhe geworfen und dabei der Namen eines Mitspielers gerufen, der nun versuchen musste, den Ball aufzufangen. Gelang ihm das, so durfte er, seinerseits den Ball hochzuwerfen und einen anderen Namen zu rufen. Wurde der Ball aber nicht aufgefangen, so versuchte der Aufgerufene den zur Erde gefallenen Ball möglichst schnell in seinen Besitz zu bekommen, während die anderen Kinder so weit wie möglich davonliefen, denn sobald er den Ball in Händen hatte, durfte er „Halt!" oder „Stopp“ rufen, worauf jeder Mitspieler stehen bleiben musste. Nach demjenigen, der ihm am nächsten stand und sich nicht vom Fleck rühren durfte, wurde dann mit dem Ball geworfen – das ist die ältere Variante. In der neuen Spielart ging es wieder von vorne los mit Ball in die Höhe werfen und Namen rufen…..Verfehlte der Ball in der alten Spielweise sein Ziel, so schied der Werfer aus, traf er jedoch, so musste der Getroffene ausscheiden. Haben Sie mal Kinder heutzutage gesehen, die noch Hicken (Hüpfspiel, wie Himmel und Hölle), Sackhüpfen, Bockspringen oder Räuber und Schanditz/Gendarm spielen? Nachlaufen, Versteckenspielen, ja, das ist immer noch Kinderspiel-Standard, genauso wie Wasserbomben mit kleinen Luftballons, die mit Wasser gefüllt werden oder immer wieder Papierflieger aus allem möglichen Papier gefaltet in unterschiedlichsten Größen. (Foto mit Papierfliegern…)

Raffinierte Falztechniken, ausgeklügelte Flügelklappen und eventuell bunte Bemalungen sind seit Generationen beliebt bei Kindern und wieder zu Kindern gewordene Erwachsene. Ach ja, und die bunten Drachenflieger/Windvögel, die man mit einfachem Holzkreuz und buntem Papier schon herstellen kann und wenn man geübter ist, auch an der Drachenschnur entlang kleine Briefchen empor zum fliegenden Objekt schicken kann…Aber kennen Sie auch Knallbüchse? Aus „Jan Wellem“, Nr. 12/1956 stammt dieser Text:

Bei den Jungens war auch eine so genannte Knallbüchse sehr beliebt, Wollte man eine Knallbüchse herstellen, so musste man von dem Ast eines Holunderstrauches, wovon es im Stadtgebiet Düsseldorf genug gab, ein ungefähr zehn Zentimeter langes Stück abschneiden, aus dem das Mark entfernt wurde. In einen zweiten Holunderzweig wurde ein an Umfang geringeres Stück einer anderen Holzart hineingesteckt, das als Stoßstange diente. In den ausgehöhlten Teil wurde eine Vogelkirsche, eine Holunder- oder andere Beere hineingespießt und mittels der Stoßstange am anderen Ende wieder hinausgeschleudert, was jedes Mal einen lauten Knall gab. Aus gleichem Heft stammt dieses Spiel, das auch sehr selten noch zu sehen ist, meistens in ausgesuchten Holzspielzeug-Fachgeschäften werden wir daran erinnert:

Der Dilldopp oder Schmickdopp war ein Holzkreisel, den der „Fachmann" mit Daumen und Zeige- oder Mittelfinger auf dem Straßenpflaster in rotierende Bewegung versetzte und dann mit dem Schmickstock (Stock mit Schnur) möglichst lange am Laufen hielt. Der Kreisel wurde gern in den verschiedensten Farben bemalt, wodurch sich die Eleganz des rotierenden Schmickdopps noch beträchtlich erhöhte. Wenn es die Ungeschicklichkeit des Spielers oder die Tücke des Schicksals wollte, kam manchmal die Schnur nicht richtig von dem Kreisel ab, der dann aus lauter Bosheit in eine Fensterscheibe flog. Die Mädchen, die nicht genug Kraft in den Fingerspitzen hatten, pflegten den Kreisel erst in eine Rille zwischen zwei Pflastersteinen zustecken, worauf er durch einen Peitschenschlag zum Rotieren gebracht wurde. Wer das nicht fertig brachte, musste erst die Schnur auf den Kreisel wickeln.

Und alle haben sicherlich auch einmal den Fährmann gefragt: Fährmann, wie tief ist das Wasser? Ein Kind ist der Fährmann, die anderen stehen circa 20 Meter entfernt gegenüber. Das Spielfeld sollte seitlich begrenzt sein. Die Kinder rufen: "Fährmann, Fährmann, wie tief ist das Wasser." Der Fährmann antwortet wie er möchte mit tief, seicht, flach, ozeantief…Jetzt rufen die Kinder: "Und wie kommen wir hinüber?" Der Fährmann antwortet: mit hüpfen, rennen, auf allen Vieren krabbeln, rückwärts oder seitwärts laufen, auf dem linken Bein hüpfen…Der Fährmann und die Kinder müssen sich auf die vorgegebene Weise bewegen. Wer vom Fährmann abgeschlagen wird, muss helfen, die anderen zu fangen. Der letzte wird neuer Fährmann. Genauso beliebt war vor 40 oder 50 Jahren auch Mutter, Mutter, wie weit darf ich reisen? Ein Kind steht als Spielführer an einem festen Platz, die anderen wieder in einer entsprechenden Entfernung gegenüber in einer Reihe. Jedes Kind fragt nacheinander: "Mutter, Mutter, wie weit darf ich reisen?" Die Mutter antwortet mit einer Stadt, zum Beispiel Düsseldorf. Nun fragt das Kind: "Darf ich?" Die Mutter kann mit "nein" oder "ja" antworten. Bei einem "ja" darf das Kind gehen, die Anzahl der Schritte ergibt sich aus den Silben der Stadt: Düs – sel - dorf. Geht das Kind ohne vorher "darf ich" zu fragen, muss es zum Ausgangspunkt zurückkehren. Bei einem "nein" bleibt es einfach stehen. Wer zuerst die Mutter erreicht, wird neuer Spielführer.

Hochentwickelte Kinderspielzeugindustrie und eingeschränkte Freiräume haben heute zu weniger Bewegungsspielen geführt und auch die Fantasie mit einfachsten Mitteln Spiele sich auszudenken haben nachgelassen, aber dennoch gibt es immer wieder seltene Anblicke von Kindern, die auf Stelzen laufen, mit einem Diabolo oder einem Reifen spielen. Letztgenanntes ist auch schon vor vielen Jahrzehnten gespielt worden. Heute gibt es immer mehr spezielle Läden, die das entsprechende Spielgerät anbieten, gibt es eine Wiederkehr trotz Gameboy, Sims, Sims City oder PlayStation?


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