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Kurfürst, Mäzen und Lebemann

Johann Wilhelm II. (1658-1716) Kurfürst von Pfalz-Neuburg und
Herzog von Jülich und Berg, von seinen Düsseldorfer Untertanen
"Jan Wellem" genannt.

JAN WELLEM – Vorreiter für ein Vereinigtes Europa?

Johann Wilhelm II. von der Pfalz, die Düsseldorfer nannten ihn liebevoll „Jan Wellem“, war eines von 16 Kindern des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg und von Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt. Er wurde am 19.4.1658 im Düsseldorfer Schloß mitten in der heutigen Altstadt geboren. Die große Kinderschar des Regentenpaares teilte sich auf in acht Brüder und acht Schwestern. Die Jesuitenpatres erzogen Jan Wellem in ihrem Gymnasium in vollendeter Weise. Er lernte rasch und mit großem Eifer die Fremdsprachen Latein, Italienisch, Französisch und Spanisch, außerdem lernte er gründlich die Mathematik und Philosophie kennen. Hinzu kamen sportliche Ausbildung in höfischem Tanz, Fechten, Schießen und Reiten.
Vater Philipp Wilhelm hatte dafür gesorgt, dass seine vielen Kinder in wichtigste Königs- und Fürstenhäuser Europas einheirateten und/oder wichtige (Kirchen-)Ämter bekleideten. Einer von Jans Brüdern war Bischof von Breslau, einer Bischof von Worms und Lüttich, einer General der kaiserlichen Armee, einer Bischof von Augsburg. Ein Bruder hatte das Amt des Universitätsrektors von Heidelberg inne, einer wurde der Gemahl einer Prinzessin von Sachsen-Lauenburg und schließlich war ein Bruder der Kurfürst von Trier und zugleicht Erzbischof von Mainz. Seine vielen Schwestern waren mit Regenten in Polen, Portugal, Spanien und Italien verheiratet. Jan Wellem selber lernte auf einer Reise seine erste Frau Maria Anna Josepha von Österreich, die Tochter des österreichischen Kaisers Ferdinand III. und die Steifschwester Leopolds I., kennen. Um diese im Alter von 20 Jahren heiraten zu dürfen, er musste ein regierender Fürst sein, ernannte man ihn schon vor dem Tod seines Vaters zum Herzog von Jülich-Berg. Er war somit zweifach mit dem Kaiser verschwägert.


Jan Wellem


Zigarillos

Schon früh sorgte Jans Vater dafür, dass er die europäischen Länder und Kulturen kennenlernte, mit 16 Jahren wurde er von ihm auf eine große Europa- und Bildungsreise geschickt. Der kommende Herrscher sollte eine größtmögliche Kenntnis seiner Umwelt bekommen und sich auf seine zukünftigen Aufgaben umfassend vorbereiten können.
Die ganze Reise dauerte etwa zweieinhalb Jahre und führte z.B. nach Cleve, Nimwegen, Den Haag, Antwerpen, Brüssel, Paris und Versailles. Es folgten England und Italien mit den Städten Rom, Neapel, Florenz oder Venedig. In Florenz weilte er am Hofe des Herzogs von Medici, dem Vater seiner späteren zweiten Ehefrau Anna Maria Ludovica.
Ob er die damalige 8-jährige schon bewusst wahrgenommen hatte, weiß man nicht. Aber auf jeden Fall imponierte ihn die Liebe zur Kunst am Hofe der Medici und deren sorfältiger Umgang mit Bildung und Wissenschaft. Hier spürte er wohl auch, dass die Kunst, die Kultur schlechthin und die Wissenschaft alle politischen Unruhen und Krisenzeiten überdauern werden und friedensschaffend sein können. Dies war sicherlich auch ausschlaggebend für seinen Ausbau Düsseldorfs als Kunst- und Kulturstadt und für die ausschweifende Hofhaltung und Anstellungen unterschiedlichster Künstler in verschiedensten Kunstrichtungen.
Nicht zu vergessen die berühmte Gemäldegalerie! Düsseldorf war wohl in seiner Zeit eines der kulturellen Zentren in Europa.

Jan Wellem


Bierettikette


Sein großes Idol, den französische „Sonnenkönig“ Ludwig der XIV., lernte er auf einer anderen Reise schon mit 14 Jahren persönlich kennen und bewundern.

Neben all der verwandtschaftlichen Netze erlangte Jan Wellem als Kurfürst auch die „Truchsesswürde“ und den Titel „Reichsvikar“. Dies bedeutete, dass er einer der mächtigsten Fürsten in Deutschland war, der im Falle des Todes des Kaisers die Verwaltung des reiches übernahm, bis ein neuer Kaiser gewählt wurde.

Die politischen Verhältnisse in Europa wurden immer düsterer und verworrener und während der Regierungszeit von Jan Wellem tosten zahllose Schlachten in Deutschland und Europa, bedrohten Teile seines eigenen Herrschaftsgebietes.
Man sagte Jan Wellem nach, dass er zu einem der treusten Anhänger des Kaisers zählte und Allianzen und Bündnisse zustande brachte, Kaiser und Reich mit Truppen und Geld unterstützte. Als kluger „Schachspieler“ agierte und dachte er „europäisch“ und sah in einem Völkerrecht ein funktionierendes Fundament einer zukünftigen Welt-(Europa-)Ordnung.

Ein umfangreicher Briefwechsel mit Fürsten, Diplomaten, Ministern und Künstlern sorgte für ein Bild eines fleissigen und gewissenhaften Politikers, dem ganz besonders sein Düsseldorf am Herzen lag. Moderne Satzungen und Erlasse oder auch seine Religionspolitik sprechen von weitsichtigem Handeln. Er versuchte Düsseldorf verstärkt in ein internationales Verkehrs- und Handelsnetz einzubinden. Innerstädtisch sorgte er für bessere Straßenverhältnisse, bessere Stadtbeleuchtung und nachhaltigen Ausbau der Stadt.

Vergessen sollte man aber bei allem Verdienst Jan Wellems aber nicht, dass gerade die Hofhaltung enorme Summen von Geldern verschlang und auch Verpfändungen mit sich brachte. Nach seinem Tod, verlor die so prachtvolle Residenzstadt schnell an Glanz und es blieb ein Schuldenberg abzutragen!

In der Inschrift am Sarkophag im Mausoleum der Andreaskirche heißt es auszugsweise: „…ein tapferer Verteidiger des Deutschen Reiches…verwaltete er das Heilige Römische Reich mit Ruhm, im Kriege wie im Frieden ausgezeichnet…Er war in der Tat ein trefflicher Fürst...“

Thomas Bernhardt

Jan Wellem Portrait


nach Cassioni



Ein Fürst, der zu feiern wusste:

Vielleicht wären ohne "Jan Wellem" die Zapfhähne versiegt und die Zahl der Wirtshäuser nicht so hoch.
Der volksnahe Kurfürst und Kunstmäzen Jan Wellem regierte 26 Jahre. Er förderte die Künste nachhaltig und definierte die Kunst des Feierns neu. Dank des Einflusses seiner italienischen Gemahlin Anna Maria Luisa, Tochter des Großherzogs der Toskana aus dem Hause Medici, verknüpfte er opulente Maskenbälle und Opernaufführungen mit italienischem Lebensstil und rheinländischem Temperament.
Und seine Untertanen feierten mit:
Auch wenn durch diesen Lebensstil die Staatskasse häufiger klamm war - das Bauen wie in "Versailles" kostete viel - gab er ein Beispiel an Lebensfreude, das in kleinerem Maßstab in der Düsseldorfer Bevölkerung viele Nachahmer fand.
Vergnügungen jeglicher Coleur und quer durch alle sozialen Schichten wurde nicht nur hof- sondern gesellschaftsfähig. Der Düsseldorfer bringt dieses Phänomen mit folgendem Ausspruch auf den Punkt: Feiern aus "Spaß an der Freud´!"

Johan Wilhelm II.


Dietrich-Alt Ettikett


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